Utopien der Veränderung
FROM CHANGE OF UTOPIAS TO UTOPIAS OF CHANGE.
Im Sommersemester 2020 starteten wir mit „UTOPIAS OF CHANGE“ unseren Langzeitschwerpunkt in Lehre und Forschung.
We design UTOPIAS OF CHANGE for the 21st century to save our earth. Das Verleugnen der Explosion der Ungleichheiten und der Klimasituation sind ein und dasselbe Phänomen.¹
CHANGE! Mit diesem Appell baut Graeme Maxton eine Brücke in die nahe Zukunft und erklärt in erschreckend eindringlichen Worten WARUM WIR JETZT EINE RADIKALE WENDE BRAUCHEN. Der ehemalige Generalsekretär des Club of Rome² stellt die Frage, was wir jetzt tun müssen, damit unsere Kinder und Enkelkinder und wir selbst weiterhin noch gut auf dieser Erde leben können. Was kann jede*r Einzelne von uns beitragen, um eine Wende zu ermöglichen und für eine nachhaltige Welt zu sorgen? Seine Antwort ist leider, nicht viel. Vegan zu leben, Flaschen und Plastik zum Recycling zu bringen, kein eigenes Auto mehr zu haben, den Zug zu nehmen statt des Flugzeugs und Energie zu sparen, wann und wo immer das möglich ist – all das ist natürlich hilfreich. Aber am aktuellen Schicksal der Menschheit wird sich nichts ändern, sofern nicht radikale Umstellungen in einem viel Größerem Ausmaß erfolgen.³ DIE PARTY IST VORBEI! Wir stehen am Wendepunkt des 21. Jahrhunderts. Hier entscheidet sich unsere Zukunft. Kein Hollywood Held wird uns retten. WIR müssen handeln. JETZT!⁴
Was können wir als Architektinnen und Architekten zu dieser Wende beitragen? Re- und Upcycling, Passivhausstandard, Solarthermie, Windenergie, Biofotosynthese, begrünte Dächer und Fassaden, die Verwendung von natürlichen, erneuerbaren und regionalen Ressourcen und Materialien wie Holz und Lehm u.dgl., auch in Verbindung mit computergestützten Fertigungsmethoden, Organisationsformen wie Mitbestimmung, Baugruppen, Bausyndikate oder Baugenossenschaften sind erste Schritte, aber leider zu wenig, um das Leben auf der Erde zu retten.
Die gegenwärtig meist marktwirtschaftlich besetzte Entwicklungshilfe u. a. mit Infrastruktur-und Siedlungsprogrammen im „Armen Globalen Süden“ ist dabei ähnlich umweltzerstörerisch, wie beinahe alle aktuellen Raumplanungs-, Stadterweiterungs- und Bauprojekte des „Reichen Globalen Nordens“. Nicht nur die Volkswirtschaftslehre gehört grundlegend reformiert, sondern auch unsere Disziplin, die Architektur. Wir müssen radikal umdenken und wir müssen dringend handeln.
In den Lehrveranstaltungen schauen wir jeweils auf unterschiedliche Aspekte der Utopien der Moderne des 20. Jahrhunderts, auf die Sozialutopisten Anfang des 19. Jahrhunderts und noch viel weiter zurück, bis in die griechische Antike zu Homer und seinen Mythos über Daidalos und Ikaros. Nicht der Erfinder Daidalos, sondern der trotz Warnungen und aufgrund von maßloser Selbstüberschätzung an seinem Übermut verstorbene Ikaros wurde zum Helden hochstilisiert. Wohl eine der großen folgenschweren Umdeutungen der Moderne, dessen negative Auswirkungen allesamt auf eine fehlende Achtsamkeit zurückzuführen und am gegenwärtigen Zustand des Habitats Erde abzulesen sind.
Schneller, höher, stärker – die überkommenen Tugenden der modernen Leistungsgesellschaft werden bei uns außer Kraft gesetzt. Wir werden in unserem Studio dem freien Forschen und Experimentieren möglichst unbegrenzten Raum geben.
Wir beschäftigen uns intensiv mit zeitgemäßen philosophischen Werken und mit dem Stand der Forschung in den Geistes-, Natur-, Technologie-, Sozial-, Rechts-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften. Wir werden lesen, schreiben und diskutieren, untereinander und mit interessanten Gästen aus dem In-und Ausland, via Onlinekonferenzen und in den Ateliers, und wir werden all das dokumentieren und kommunizieren, mit alten und mit neuen Medien UND WIR WERDEN ENTWERFEN. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen dabei die hohe Relevanz und die Möglichkeiten der audiovisuellen Medien. Wir werden nachmoderne UTOPIEN skizzieren, die erste architektonische Antworten auf die neue geo-soziale Frage des 21. Jahrhundert geben sollen. Dabei orientieren wir uns an zukunftsweisenden Gesellschaftsmodellen und hinterfragen kritisch überkommene Unterscheidungen wie links und rechts, fortschrittlich und reaktionär, global und lokal.
Auf Basis unserer Recherchen erarbeiten wir Schritt für Schritt IDEEN ZU PERSÖNLICHEN ARCHITEKTURVISIONEN in unterschiedlichsten Dimensionen und Maßstäben über das Teilen einer gemeinsamen, ökologisch stabilen Erde, die die modernistische Trennung in Natur-, Agrar- und Siedlungsräume überwinden. Im Zentrum unserer Arbeit steht der Prozess – der Weg ist für uns das Ziel.
1 Bruno Latour, Das terrestrische Manifest, 2018
2 Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern und wurde 1968 gegründet. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein. Mit dem 1972 veröffentlichten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ erlangte er große weltweite Beachtung. Seitdem kämpft der Club of Rome für nachhaltige Entwicklung und setzt sich für den Schutz von Ökosystemen ein. (https://de.wikipedia.org/wiki/Club_of_Rome, 13.01.2020)
3 Graeme Maxton, CHANGE! Warum wir eine radikale Wende brauchen, 2018
4 ebd.
Utopien der Veränderung
Im Sommersemester 2020 starteten wir mit „UTOPIAS OF CHANGE“ unseren Langzeitschwerpunkt in Lehre und Forschung. Die erste Lehrveranstaltung war der Entwurf „DENKEN SIE GROSS“, es folgte im Wintersemester 2020/2021 das Wohnbau-Seminar und der Entwurf „denken sie klein“, im Sommersemester 2021 setzten wir mit „Denken Sie Jetzt“ die Reihe fort. Im Wintersemester 2021/2022 betitelten wir das Wohnbau-Seminar und den Entwurf mit „SPECTACULAR-TENTACULAR“. Ausgangspunkt des aktuellen Entwurfs „FROM CHANGE OF UTOPIAS TO UTOPIAS OF CHANGE“ ist im Sommersemester 2022 Merlin Sheldrakes Buch „VERWOBENES LEBEN. Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen“.
We design UTOPIAS OF CHANGE for the 21st century to save our earth. Das Verleugnen der Explosion der Ungleichheiten und der Klimasituation sind ein und dasselbe Phänomen.¹
CHANGE! Mit diesem Appell baut Graeme Maxton eine Brücke in die nahe Zukunft und erklärt in erschreckend eindringlichen Worten WARUM WIR JETZT EINE RADIKALE WENDE BRAUCHEN. Der ehemalige Generalsekretär des Club of Rome² stellt die Frage, was wir jetzt tun müssen, damit unsere Kinder und Enkelkinder und wir selbst weiterhin noch gut auf dieser Erde leben können. Was kann jede*r Einzelne von uns beitragen, um eine Wende zu ermöglichen und für eine nachhaltige Welt zu sorgen? Seine Antwort ist leider, nicht viel. Vegan zu leben, Flaschen und Plastik zum Recycling zu bringen, kein eigenes Auto mehr zu haben, den Zug zu nehmen statt des Flugzeugs und Energie zu sparen, wann und wo immer das möglich ist – all das ist natürlich hilfreich. Aber am aktuellen Schicksal der Menschheit wird sich nichts ändern, sofern nicht radikale Umstellungen in einem viel Größerem Ausmaß erfolgen.³ DIE PARTY IST VORBEI! Wir stehen am Wendepunkt des 21. Jahrhunderts. Hier entscheidet sich unsere Zukunft. Kein Hollywood Held wird uns retten. WIR müssen handeln. JETZT!⁴
Was können wir als Architektinnen und Architekten zu dieser Wende beitragen? Re- und Upcycling, Passivhausstandard, Solarthermie, Windenergie, Biofotosynthese, begrünte Dächer und Fassaden, die Verwendung von natürlichen, erneuerbaren und regionalen Ressourcen und Materialien wie Holz und Lehm u.dgl., auch in Verbindung mit computergestützten Fertigungsmethoden, Organisationsformen wie Mitbestimmung, Baugruppen, Bausyndikate oder Baugenossenschaften sind erste Schritte, aber leider zu wenig, um das Leben auf der Erde zu retten.
Die gegenwärtig meist marktwirtschaftlich besetzte Entwicklungshilfe u. a. mit Infrastruktur-und Siedlungsprogrammen im „Armen Globalen Süden“ ist dabei ähnlich umweltzerstörerisch, wie beinahe alle aktuellen Raumplanungs-, Stadterweiterungs- und Bauprojekte des „Reichen Globalen Nordens“. Nicht nur die Volkswirtschaftslehre gehört grundlegend reformiert, sondern auch unsere Disziplin, die Architektur. Wir müssen radikal umdenken und wir müssen dringend handeln.
In den Lehrveranstaltungen schauen wir jeweils auf unterschiedliche Aspekte der Utopien der Moderne des 20. Jahrhunderts, auf die Sozialutopisten Anfang des 19. Jahrhunderts und noch viel weiter zurück, bis in die griechische Antike zu Homer und seinen Mythos über Daidalos und Ikaros. Nicht der Erfinder Daidalos, sondern der trotz Warnungen und aufgrund von maßloser Selbstüberschätzung an seinem Übermut verstorbene Ikaros wurde zum Helden hochstilisiert. Wohl eine der großen folgenschweren Umdeutungen der Moderne, dessen negative Auswirkungen allesamt auf eine fehlende Achtsamkeit zurückzuführen und am gegenwärtigen Zustand des Habitats Erde abzulesen sind.
Schneller, höher, stärker – die überkommenen Tugenden der modernen Leistungsgesellschaft werden bei uns außer Kraft gesetzt. Wir werden in unserem Studio dem freien Forschen und Experimentieren möglichst unbegrenzten Raum geben.
Wir beschäftigen uns intensiv mit zeitgemäßen philosophischen Werken und mit dem Stand der Forschung in den Geistes-, Natur-, Technologie-, Sozial-, Rechts-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften. Wir werden lesen, schreiben und diskutieren, untereinander und mit interessanten Gästen aus dem In-und Ausland, via Onlinekonferenzen und in den Ateliers, und wir werden all das dokumentieren und kommunizieren, mit alten und mit neuen Medien UND WIR WERDEN ENTWERFEN. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen dabei die hohe Relevanz und die Möglichkeiten der audiovisuellen Medien. Wir werden nachmoderne UTOPIEN skizzieren, die erste architektonische Antworten auf die neue geo-soziale Frage des 21. Jahrhundert geben sollen. Dabei orientieren wir uns an zukunftsweisenden Gesellschaftsmodellen und hinterfragen kritisch überkommene Unterscheidungen wie links und rechts, fortschrittlich und reaktionär, global und lokal.
Auf Basis unserer Recherchen sollen Schritt für Schritt während des gesamten Semesters IDEEN ZU PERSÖNLICHEN ARCHITEKTURVISIONEN in unterschiedlichsten Dimensionen und Maßstäben über das Teilen einer gemeinsamen, ökologisch stabilen Erde entstehen, die die modernistische Trennung in Natur-, Agrar- und Siedlungsräume überwinden. Im Zentrum unserer Arbeit steht der Prozess – der Weg ist für uns das Ziel.
1 Bruno Latour, Das terrestrische Manifest, 2018
2 Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern und wurde 1968 gegründet. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein. Mit dem 1972 veröffentlichten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ erlangte er große weltweite Beachtung. Seitdem kämpft der Club of Rome für nachhaltige Entwicklung und setzt sich für den Schutz von Ökosystemen ein. (https://de.wikipedia.org/wiki/Club_of_Rome, 13.01.2020)
3 Graeme Maxton, CHANGE! Warum wir eine radikale Wende brauchen, 2018
4 ebd.